I. Das Recht
§ 181
Der Geist als freies, selbstbewußtes Wesen ist das sich selbst gleiche Ich, das in seiner absolut negativen Beziehung zuerst ausschließendes Ich, einzelnes freies Wesen oder Person ist.
§ 182
Das Recht ist das Verhältnis der Menschen, insofern sie abstrakte Personen sind. Diejenige Handlung ist widerrechtlich, durch welche der Mensch nicht als Person respektiert wird oder welche in die Sphäre seiner Freiheit einen Eingriff macht. Dies Verhältnis ist also seiner Grundbestimmung nach negativer Natur und fordert nicht, dem anderen eigentlich etwas Positives zu erweisen, sondern nur, ihn als Person zu lassen.
§ 183
Die äußere Sphäre des Rechts und der Freiheit macht das Eigentum aus, die Subsumtion einer herrenlosen Sache unter meine Gewalt und meinen Willen. Der Besitz ist die Seite der willkürlichen Bemächtigung. Die Seite des Eigentums als eines solchen ist die allgemeine Seite, daß der Besitz eine Äußerung meines Willens ist, der als etwas Absolutes von dem anderen respektiert werden muß.
§ 184
Ich kann mich meines Eigentums entäußern, dessen nämlich, was in der Tat Eigentum ist, d. i. was teils mein ist, teils das Moment der Äußerlichkeit an ihm selbst hat. - Unveräußerlich ist also meine Vernunft, meine Freiheit, meine Persönlichkeit und was überhaupt meine ganze Freiheit wesentlich in sich enthält.
§ 185
Ich kann mein Eigentum an einen anderen veräußern und kann mir fremdes Eigentum erwerben. Dieser Erwerb geschieht nur durch den Vertrag, die gegenseitige Einwilligung zweier Personen, sich eines Eigentums zu entäußern, es dem anderen zu überlassen, und die Einwilligung, es anzunehmen.
§ 186
Die Sphäre meiner Freiheit enthält meine Persönlichkeit und die Beziehung einer Sache auf dieselbe; indem diese Sphäre von anderen verletzt wird, so kann dies geschehen entweder nur in dem Sinne, daß nur diese Sache nicht mir gehört, wobei meine Persönlichkeit anerkannt wird; oder aber in dem Sinne, daß diese selbst nicht anerkannt wird, was in gewaltsamer Verletzung meines Leibes und Lebens der Fall ist.
§ 187
In meiner Persönlichkeit verletzt der andere unmittelbar seine eigene. Er tut darin nicht etwas bloß Einzelnes gegen mich, sondern etwas Allgemeines. Was er dem Begriff nach gegen sich selbst getan, muß zur Wirklichkeit gebracht werden. - Insofern dies durch die verletzte Person selbst geschieht, ist es Rache; insofern sie durch einen allgemeinen Willen und im Namen derselben vollbracht wird, ist sie Strafe.
§ 188
Das Recht in Beziehung auf das Eigentum macht den Gegenstand des bürgerlichen oder Zivilrechts, - das Recht in Beziehung auf die Persönlichkeit den Gegenstand des peinlichen oder Kriminalrechts aus. - Die Wissenschaft von den Grundbegriffen des Rechts ist das Naturrecht genannt worden, als ob es ein Recht gäbe, das dem Menschen von Natur zukäme, und ein davon verschiedenes, welches in der Gesellschaft entspränge in dem Sinne, daß in dieser das natürliche Recht als das wahrhafte zum Teil aufgeopfert werden müsse. In der Tat entstehen durch die Gesellschaft noch besondere Rechte, welche nicht in dem Rechte, dem bloß die einzelne Persönlichkeit zugrunde liegt, enthalten sind. Zugleich aber ist sie die Aufhebung der Einseitigkeit jenes Prinzips und die wahre Realisierung desselben.
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