B. Urteilen
§ 165
Das Urteilen ist das Beziehen eines Einzelnen auf den Begriff. Es bestimmt überhaupt das Einzelne auf allgemeine Weise oder subsumiert es unter das Allgemeine. Es hat folgende Stufen:
§ 166
a) ist das Allgemeine, als welches das Einzelne bestimmt wird, selbst nur irgendeine Qualität desselben, deren es mehrere hat.
§ 167
b) Das Reflektieren ist das Hinausgehen über eine einzelne Bestimmung, ihr Vergleichen mit anderen und das Zusammenfassen derselben in eine bestimmte. - Das Allgemeine macht die innere Natur und das Wesen des Gegenstandes aus. Diese Allgemeinheit ist nicht nur eine Gemeinschaftlichkeit, sondern die eigene Allgemeinheit eines Gegenstandes an ihm selbst, im Gegensatz gegen die Bestimmungen seiner eigenen Besonderheit oder Einzelheit.
§ 168
c) Das eigentliche Urteilen über einen Gegenstand ist das Vergleichen seiner Natur oder wahren Allgemeinheit mit seiner Einzelheit oder mit der Beschaffenheit seines Daseins, das Vergleichen dessen, was er ist, mit dem, was er sein soll.
(In diesen Urteilen liegt die Dialektik, daß das Schlechte, seinem Begriff nicht Entsprechende zugleich auch ihm angemessen ist. Ein schlechtes Haus hat ein Dasein, das seinem Begriff nicht angemessen ist. Wäre es ihm aber nur nicht angemessen, so wäre es gar kein Haus. Der Begriff muß in dem Dasein noch erkennbar sein. So wenn von einer Handlung geurteilt wird, daß sie schlecht sei, so hat ihre Unvernunft noch eine Seite der Übereinstimmung mit der Vernunft usf.)
§ 169
Es kann hier auch der Scharfsinn erwähnt werden, der aber mehr auf eine Beschaffenheit des Urteilens geht, als daß er eine wirkliche Stufe desselben wäre. Er besteht vornehmlich darin, Unterschiede, die nicht auf der Oberfläche liegen, aufzufassen und durch die Reflexion feinere oder tiefere Beziehungen zu bemerken. - Der Witz verknüpft ihrem äußeren Anschein nach einander fremdartige Vorstellungen nach einer Seite, in der sie eine unerwartete Gleichheit darbieten. - Das Geistreiche ist ein Analogon des Vernünftigen und drückt vornehmlich eine Bestimmung oder Verhältnis aus, wie es seiner unmittelbaren Vorstellung oder in sich selbst entgegengesetzt ist.
(Beim Aufgang der Sonne verwandelte sich der Himmel von Schwarz in Rot wie ein Krebs. - Le miserable, qu'il est heureux! Il a faim. - Exul mentisque domusque. - Unter diesem Steine liegt mein Weib, und hier ruht sie und auch ich. - Auf ihren Ruhebetten die fetten Richter träumen, um ihren Husten und ihr Gewissen zugleich in Schlaf zu wiegen usw.)
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